Die Lied - Geschichte

Das Hohelied und seine Gedichte sind eine fortlaufende Lied-Geschichte, die hier als erstes kurz nacherzählt wird und danach folgen zehn der Lied-Gedichte, die nacheinander gelesen werden können. Um jedoch bei Bedarf einzelne Lied-Gedichte schneller zu finden, sind hier die Lied-Titel aufgelistet.

Die Lied-Geschichte einer Liebe

Der König ist dankbar für seine Frau, deshalb dichtet er für sie eine Liederreihe über die Geschichte ihrer Liebe. Und sie beide erinnern sich, wie ihre Liebe begann ...

Am Anfang ihrer Geschichte steht ein unbeachtetes Bergmädchen, das die Schafe und die Rebhänge ihrer Mutter und ihrer Brüder hütet. Doch eines Tages kommt ein fremder Wanderhirte mit seiner Herde in ihre Berge und sie verliebt sich in ihn. Er erwidert ihre Zuneigung, und sie kann es kaum fassen, dass sie kein Mauerblümchen mehr ist, sondern tief geliebt wird.

Er ist ihr treu und sie sieht ihn im Frühling voller Freude zu ihr zurückkehren. Doch eines Tages ist er über die Berge fortgezogen. Sein Mädchen vermisst ihn und wünscht sich, er würde zurückkehren ... als schließlich völlig überraschend der König mit einer Brautsänfte zu ihr heraufzieht. Überwältigt erkennt sie in ihm ihren Freund und Verlobten! Er bittet sie, mit ihm zu kommen ... als seine Braut zu ihrer Hochzeit, um ein königliches Ehepaar zu sein.

Aber auch in der besten Ehe kehrt irgendwann der Alltag ein. Sie schläft nachts ruhelos und einsam auf ihrem Bettlager, bis er spät in der Nacht von seinen Amtspflichten zurückkehrt. Sie ist verletzt und öffnet ihm nicht gleich die Kammertür. Er mag es gespürt haben, denn als sie ihm endlich öffnet, ist er fort. Sie sucht ihn überall und findet ihn schließlich in seinen Gärten. Dort empfängt er sie mit Wärme – er hat ihr vergeben.

Er schreibt für sie ein Gedicht über das Hohelied der wahren Liebe, die nur von Gott kommen kann. Bei dem Gedanken an dieses Hohelied bekennt dann der König, dass er einst mit all seinem Reichtum ihre Liebe nicht hätte erkaufen können. Sie wäre auch nicht käuflich gewesen und war als junges Bergmädchen standhaft. Erst als sie durch ihn die wahre Liebe kennenlernte, übergab sie sich ihm. So wurde er ihr Ehemann und übernahm ihren Schutz.

Mit diesen abschließenden Erinnerungen laufen sie zusammen in seine duftenden Gärten. Und wie der Duft des Balsams so ist ihre verbundene Liebe.


Salomo malte mit seinen Worten Bilder für uns, und aus seinem Liederschatz stehen hier als Auszug aus dem Buch “Wie ein Lieder der Liebe für Dich“ zehn der einundzwanzig Lieder. Sie sind in unser heutiges Deutsch übertragen. So möge uns die Fülle der Bilder und der Poesie so viel Freude bereiten, wie es wohl Salomo Freude bereitete, sie zu schreiben.


Liebeslied des Königs

„Ein Lied schenke ich dir als dein Friedekönig.
Es ist unser Lied der Liebe.
Es ist das schönste Lied meiner Lieder.“

Erinnerungslied des Mädchens, wie alles begann

„Wie die dunklen Zeltdecken der Wüsten-Nomaden,
so braungebrannt erscheint mir meine Haut.
Doch ich wünschte, ich wäre so anmutig
wie die kostbaren Deckenbehänge des Friedekönigs,
die das Heiligtum unseres Gottes schmücken.

Ihr behüteten Töchter im Volk des Herrn,
verachtet mich nicht,
nur weil ich von der Sonne dunkler bin als ihr.
Meine Brüder waren streng mit mir.
Sie schickten mich, die Traubenrebhänge zu hüten.
Ich selbst aber bin wie ein Traubengarten,
um den ich mich nicht kümmern konnte.“

Hirtenlied ihrer ersten Liebe

„Du mein Hirte, der mein Herz gewonnen hat,
erzähle mir, wo weidest du deine Herde?
Wo lässt du sie ruhen, wenn es heiß wird
und die Sonne am höchsten steht?
Lass mich nicht wie ein ehrloses Mädchen
bei den Schafherden deiner Gefährten umherirren,
wenn ich nach dir suchen müsste.“

„Weißt du es nicht, wo du mich findest,
du Schönste unter den Jungfrauen?
So zieh mit deinen Schafen aus
und folge den Spuren der Herde,
weide deine Kitzlein bei den Zelten der Wanderhirten,
dann wirst du es wissen, wo ich bin.“

Sommerlied unter Bäumen und Blumen

„Du bist schön, meine Freundin, so wunderschön.
Deine Augen leuchten voller Liebe
und wie Taubengefieder schillern sie dunkel und weiß.“

„Auch du, mein geliebter Freund, siehst so gut aus,
und du bist so wunderbar gut zu mir.
Ich freue mich, mit dir zusammen zu ruhen
auf unserem Lager aus grünem Gras.“

„Ja, und die Zedernbäume rings um uns her
sind die Säulen unseres Palastes,
unsere Wandtäfelung sind prächtige Zypressen.“

„Ich aber bin nur wie eine kleine Steppenanemone
unter all den anderen Anemonen in der Ebene
oder wie eine einfache Feldblume der Täler.“

„Du bist viel mehr als das,
denn wie die seltene weiße Lilie der Berge
unter den einfachen Disteln,
so bist du, meine Freundin, unter den Mädchen.“

„Und wie der seltene Balsamapfelbaum
unter den einfachen Waldbäumen,
so bist du, mein geliebter Freund, unter den Männern.
Wie glücklich bin ich, dass ich in deinem Schatten ruhen kann,
und die Früchte deiner Zuneigung sind so süß für mich.“

Frühlingslied für seine Taube

„Hör nur, da ist die Stimme meines Liebsten!
Er kommt zu mir! Ich sehe ihn über den Hügel herüberlaufen
wie eine gewandte Gazelle oder eine junge Antilope.
Schon steht er an der Wand des Hauses!
Seine Nähe überwältigt mich fast, als er sich am Fenster zeigt.
Er blickt durch das Gitterwerk zu mir herein und ruft mir zu.“

„Mach dich auf, meine geliebte Freundin, meine Schönste!
Komm und geh mit mir!
Denn sieh, der Winter ist vorbei und die Regenzeit vorüber.
Die Blumen blühen in Fülle, die Zeit der Lieder ist da,
und die Turteltauben sind zurück, ich höre sie überall gurren.
Die kleinen Feigen am Baum röten sich zu ihrer würzigen Süße,
die Reben stehen in Blüte und verströmen ihren Duft.
So geh mit mir, meine geliebte Freundin, meine Schönste!
Meine Taube, komm und verbirg dich nicht wie die Felsentaube,
die in den Schlupfwinkeln der Berghänge wohnt.
Zeig mir deine anmutige Gestalt
und lass mich deine schöne Stimme hören.
Denn für mich ist dein Wesen voller Anmut und Schönheit.“

Berglilienlied der Treue

„Mein Liebster ist mein und ich bin sein,
der im Herzen seiner Lilie weilt.
Der Tag verweht und die Schatten werden lang.
So komm doch zurück, mein Liebster!
Lauf wie die Gazelle oder wie die junge Antilope,
die auf jenen Bergen wohnen, die uns jetzt trennen.“

Freudenlied zur Brautheimholung

Was kommt aus den Weidegründen herauf zu mir,
umweht von Weihrauchsäulen, von Myrrhe
und allen Duftgewürzen des Händlers?
Das ist die Sänfte des Friedekönigs!

Die auserlesensten Wachen begleiten sie,
eine Schar von Helden aus den Heeren Gottes,
die kampfbereit das Schwert an ihrer Seite tragen
zum Schutz gegen die Gefahren der Nacht.
Und die Sänfte des Friedekönigs, sie ist eine Brautsänfte!
Aus den edelsten Hölzern des Zederngebirges ist sie gefertigt,
jeder Pfosten mit Silber überzogen, die Lehne vergoldet.
Kostbare Purpurdecken sind über ihren Sitz gebreitet
und das Innere wurde liebevoll ausgeschmückt.

Oh, ihr Töchter im Volk des Herrn, kommt schnell!
Ihr Töchter seines gesegneten Reiches,
seht ihr den Friedekönig, der neben der Sänfte reitet?
Er ist der, den ich liebe, und er trägt die Hochzeitskrone,
mit der eine Mutter den Sohn in Zustimmung krönt!
Das ist der Tag seiner Hochzeit! Er möchte sich vermählen!
Und er sieht mich in seiner Freude so glücklich an.“

„Wie schön bist du,
meine geliebte Freundin, wie wunderschön.
Beschattet von deinem Haarschleier
leuchten deine liebevollen Augen wie schillernde Tauben.
Dein Haar glänzt seidig, wie eine Gazellenherde,
die über die Berghänge ins Tal flutet.
Weiß sind deine Zähne wie frischgeschorene Schafe,
die mit ihren Zwillingen aus der Schwemme kommen.
Deine Lippen sind wie karmesinrote Bänder,
dein Mund ist für mich lieblich.
Und neben deinem Haarschleier schimmern deine Wangen
so fein errötend wie zwei Granatapfelhälften.

Bevor der Tag verweht und die Schatten lang werden,
möchte ich mit dir auf dem Weg sein
zu den Myrrhehügeln meiner Palastgärten
und dem Weihrauchberg, auf dem das Heiligtum steht.
Denn du bist wunderschön, meine geliebte Freundin,
makellos schön ist dein ganzes Wesen für mich.
Deshalb komm, meine Braut, komm mit mir vom Zederngebirge,
von seinen Höhen herab wie der Quellfluss des Bundes.
Komm mit mir von den Gipfelspitzen,
auf denen du abgesondert gelebt hast.
Geh mit mir fort von den Lagerstätten der Löwen,
damit dich keiner von ihnen mir rauben kann.
Komm von den Bergen der Panther in die Sicherheit zu mir.“

Dämmerungslied im Zueinanderfinden

Ich liege allein auf unserem Nachtlager, um zu schlafen,
doch mein Herz bleibt ruhelos wach.
Auf einmal höre ich, wie mein Liebster an der Kammertür klopft.

„Öffne mir, meine Herzensschwester, meine Freundin,
meine geliebte Frau, meine reine Taube.
Mein Gesicht wurde feucht vom nächtlichen Tau
auf dem Weg von meinen Aufgaben hierher zu dir.
Selbst in meinem Haar hängen die Tautropfen der Nacht.“

„Ich habe meine Gewänder schon abgelegt.
Wie sollte ich sie so schnell wieder anziehen?
Auch meine Füße habe ich schon gewaschen.
Werden sie nicht wieder staubig sein?“

Da schiebt mein Liebster bittend seine Hand
durch die runde Öffnung über dem Türriegel herein
und legt sie auf den Innenriegel ohne ihn zu lösen.
Mein Herz beginnt wild zu schlagen,
es zieht mich mit all meinen Gefühlen zu ihm.
Eilig stehe ich auf, um ihn hereinzulassen.
Als meine Finger den Riegel berühren,
werden sie feucht von dem Myrrheöl,
das von seiner Hand zurückblieb wie der Duft seines Wesens.
Ich öffne meinem Liebsten die Tür, aber er ist nicht mehr da!
Er hat sich abgewandt und ist weggegangen!
Ich bin außer mir, er ist fort!
Ich suche überall nach ihm, doch ich kann ihn nicht finden.
Ich rufe nach ihm, aber es kommt keine Antwort.
Wenn mich die Wächter der Festung entdecken,
was werden sie mit mir tun?
Werden sie mich für einen Eindringling halten,
mich drohend schlagen und mir den Umhang wegziehen?
Doch ich treffe allein Mägde und beschwöre sie:

„Oh, ihr Töchter aus dem Volk des Herrn,
würdet ihr meinem Liebsten begegnen,
so würde ich euch bitten, ihm zu sagen,
dass ich mich vor Liebe unsagbar nach ihm sehne.“

„Was hat dein Liebster anderen voraus,
schönstes Mädchen unter den Frauen?
Was macht ihn so besonders für dich,
dass du uns so sehr bitten würdest?“

„Mein Liebster ist von blühendem Aussehen,
unter Zehntausenden herausragend wie ein Banner.
Sein Gesicht ist so edel wie feinstes Gold.
An Palmrispen erinnert sein Haar,
das wie Rabengefieder glänzt.
in seinen Augen spiegeln sich Liebe und Hingabe,
als seien sie zwei schillernde Tauben,
die in Teichen von Milch sitzen wie eingefasste Juwelen.
Seine bärtigen Wangen duften so fein wie ein Balsambeet.
Dunkelrot wie Purpurlilien sind seine Lippen,
und seine Sprache ist so edel, als fließe Duftmyrrhe darüber.
Er hat goldene Hände, deren Adern wie Türkise schimmern.
Sein Leib ist wie ein Kunstwerk aus Elfenbein,
umhüllt von saphirblauen Königsgewändern.
Seine Beine gleichen gemeißelten Alabastersäulen,
die sicher auf goldenen Füßen stehen.
Majestätisch wie das Zederngebirge ist seine Haltung,
erlesen und stattlich wie ein Zedernbaum ist seine Gestalt.
Die Worte seines Mundes sind voller Zuneigung.
Sein ganzes Wesen und alles an ihm ist anziehend für mich.
Das ist mein Liebster und mein Freund,
ihr Töchter aus dem Volk des Herrn.“

„Wohin könnte dein Liebster gegangen sein,
schönstes Mädchen unter den Frauen,
wohin mag er sich gewandt haben,
dass wir ihn für dich suchen könnten?“

Da ahne ich mit einem Mal,
dass er wohl in seine Gärten hinabgegangen ist,
um sich an seinen duftenden Pflanzungen zu freuen,
als er sich über mich nicht freuen konnte.
Und ich finde ihn dort, wie er Lilien für mich pflückt.
Oh, ich gehöre ganz meinem Liebsten
und mein Liebster gehört mir,
denn er wird für immer im Herzen seiner Lilie weilen.

„Meine geliebte Freundin, wunderschön bist du,
schön wie die ewige Königsstadt in Freundlichkeit,
anmutig wie die Stadt unseres Herrn in ihrem Frieden,
aber auch stark und atemberaubend
wie ein himmlisches Heerlager mit strahlenden Bannern.
So wende deine Augen von mir ab,
denn es überwältigt mich, wenn du mich so ansiehst.
Dein seidiges Haar glänzt wieder, wie eine Gazellenherde
die von einem Berghang herabflutet.
Deine Zähne leuchten so weiß wie Mutterschafe mit Zwillingen,
die aus der Schwemme kommen.
Und deine Wangen schimmern neben deinem Haarschleier
von neuem so fein errötend wie zwei Granatapfelhälften.

Es gibt viele Königinnen und Frauen, und Mädchen ohne Zahl.
Aber nur du allein bist meine vollkommene Taube,
die einzige Tochter deiner Mutter, rein wie bei deiner Geburt.
Wenn dich die Mädchen des Landes sehen,
und die Königinnen und Frauen,
dann werden sie dich glücklich preisen.
Denn wer ist so wie du,
anmutig wie das aufleuchtende Morgenrot über den Gärten,
schön wie der Silbermond, klar wie das erste Licht,
aber auch atemberaubend und stark
wie die aufgehende Sonne mit ihren strahlenden Bannern.
Ja, ich kam zu meinen Gärten mit den Walnussbäumen herab,
um mich an den jungen Palmentrieben zu freuen,
um zu sehen, wie die Reben duftend in Blüte stehen
und wie meine Granatapfelbäume blühen,
... so wie auch du wieder für mich blühst.“

Hohelied des Königs über die Liebe

„Die wahre Liebe ist so überwältigend stark,
dass selbst der Tod sie nicht bezwingt.
Ungebrochen bis über das Grab hinaus
ist die Macht ihrer völligen Hingabe.

Ihr Feuer brennt mit unvergänglichem Glanz,
denn sie ist eine Flamme des ewigen Gottes.

Auch die größten Wasserfluten
können sie nicht auslöschen,
und die gewaltigsten Ströme
können sie nicht fortschwemmen.
Denn unbesiegbar
ist die wahre Liebe von Gott.“

Königslied über seine Königin

„Meine Liebste, wenn ich dir alle Reichtümer
und meinen ganzen Besitz hätte geben wollen,
um deine Liebe zu erwerben und dich einzunehmen,
so wäre ich nur ein verachtungswürdiger Narr gewesen,
denn ich hätte die wahre Liebe nie gekannt.“

„Ja, auch meine Brüder sagten einst von mir:
‚Unsere Schwester ist noch klein und jung.
Was werden wir aber mit ihr tun, wenn die Zeit kommt,
da man um sie werben wird, um sie einzunehmen?
Ist sie standhaft wie eine Mauer,
so wollen wir sie schmücken mit Silberzinnen.
Ist sie wie eine offene Pforte,
wollen wir sie verriegeln mit Zedernbohlen.’
Als ich groß wurde, war ich jedoch wie eine Mauer.
Ich wuchs heran und war wie ein Wehrturm.
Aber dann, mein Friedekönig, übergab ich mich deiner Liebe
und ich fand Frieden unter deinen sorgenden Augen.“

„Und ich, dein Friedekönig, wurde Ehemann und ein reicher Herr
über einen erlesenen Traubengarten, der mir kostbar ist.
Ich sorge mich um den Garten noch mehr als deine Brüder
und stellte ihn unter den Schutz meiner besten Wachen.
Denn für die edle Frucht dieses Gartens würde jeder Reichtümer geben.“

„Dieser Traubengarten, das bin ich,
und dir, meinem Friedekönig,
schenke ich seine ganze Kostbarkeit.
Du gibst auch viel für die besten deiner Wachen,
damit mein Garten in Sicherheit und behütet ist.“

„Die du in diesem Garten wohnst,
während meine Gefährten wachen,
lass mich deine Stimme hören.“

„Schnell, eile, mein Liebster!
Laufe mit mir in deine Gärten
wie die Gazelle oder die junge Antilope
auf den Balsambergen unserer Liebe.“